Interview Dirk Hohmeyer


"Ich weiß, dass ich einen Traum verwirklichen konnte"

Das Interview mit Dirk Hohmeyer - Teil 06

Promotor Dirk Hohmeyer, nimmt im 23. Jahr der einzigartigen Konzertreihe den Musikjournalisten und NotP-Kenner Marcus Wadle mit auf eine Reise durch die Historie und schildert den steinigen Weg der ersten Jahre bis hin zum Höhenflug der Proms, redet über John Miles, über Veränderungen, über seinen Traum, den er verwirklichen konnte und immer noch leben darf und gibt Einblicke, wie er sie so vielleicht vorher noch nicht gegeben hat.


Marcus: Die 23. Tournee der Night of the Proms in Deutschland steht vor der Tür, es ist angerichtet! Freut sich Veranstalter Dirk Hohmeyer auf die Night of the Proms 2016 genauso wie vor 10, 15 oder 20 Jahren?

Dirk: Ja, das überrascht mich auch. Vielleicht ist die Freude etwas anders, zumal auch meine Aufgaben anders geworden sind. Ich genieße, dass Lukas immer mehr übernimmt und ich mich somit auf weniger Verantwortung konzentrieren kann. Aber das Feuer für die Proms brennt immer noch !

Mit den „Simple Minds“, Natasha Bedingfield, Ronan Keating und Stefanie Heinzmann habt ihr drei attraktive Programmpunkte. Wie geht ihr bei der Programmgestaltung vor?

Die Verpflichtung bestimmter Künstler ist ein Teil unseres „Tagesgeschäfts“ und beschäftigt uns das ganze Jahr über. Es geht dabei nicht um eine bestimmtes Tournee, sondern wer zu uns überhaupt passt, wer wie zu erreichen ist etc.

Dazu gehört auch der Besuch vieler Konzerte, das Hören von Neuheiten im Radio etc. Ebenfalls wichtig ist ein reger Gedankenaustausch im Team.

So waren Lukas und ich im Sommer bei einigen der tollen Zeltfestivals in Deutschland unterwegs, haben uns interessante Konzerte angeschaut und auch mit Künstler-Kandidaten gesprochen,ihnen unsere Philosophie und das Konzept erklärt und ein Angebot gemacht.

Ob es dann letztendlich klappt, ist auch oft eine Sache des Timings das heißt, das die zeitlichen Pläne oder Planungen der Künstler mit unseren übereinstimmen.

Unserer regelmäßiger Tournee-Rhythmus ist da manchmal hilfreich. Klappt es nicht in diesem Jahr, dann vielleicht im nächsten oder übernächsten.

Weitere Kriterien sind musikalische Vielfalt, denn wir wollen ja auch immer unterschiedliche stilistische Elemente unter eine musikalische Decke bringen.

Etwas zusammenbringen, was angeblich nicht zusammengeht.

Ihr hattet Weltstars wie Art Garfunkel, Sting und viele mehr zu Gast.Wie sieht die Überzeugungsarbeit aus, einen Künstler, der noch nie bei der NotP war, zu überzeugen, um mitzumachen?

Da spielen viele Gesichtspunkte eine Rolle.

Natürlich haben wir uns einen guten Ruf über die Jahre erarbeitet und man spricht in der Musikerszene gut über uns, was uns sehr freut. Man muss hier aber auch den „hierarchischen“ Weg erklären, den wir in der Regel gehen müssen :

Ein Künstler,eine Band hat einen, manchmal sogar mehrere Manager, der ihn/sie in den geschäftlichen Belangen vertritt.

Das Management hat wiederum eine Agentur beauftragt, sich um die Live-Interessen zu kümmern. Wir müssen somit zuerst mit einem Agenten verhandeln, der dann den Manager überzeugen muss und der dann im Idealfall wiederum den Künstler überzeugt.

Zwei Filter bevor der Künstler es erfährt.

Die Fäden laufen bei großen Agenturen zusammen, die mit sehr vielen Agenten die Interessen sehr vieler Acts betreuen. Dort haben wir uns zum Teil schon eine beachtliche Lobby erarbeitet. Ein Kompliment hierzu kann ich zitieren : „Wir übergeben Euch einen Künstler und nach vier oder fünf Wochen kommt er happy nach hause“, soll heißen, alles stresslos und bereichernd.

Darüber hinaus gibt es auch keine Nerverei bezüglich der Finanzen, wir zahlen pünktlich, was nicht überall normal ist.

Oft ist es auch hilfreich, wenn Künstler, Manager oder Agenten, mit denen wir bereits gearbeitet haben, uns empfehlen oder sogar direkt helfen. Die internationale Musikszene ist sehr kollegial untereinander und tauscht sich untereinander aus. Die langen Jahre unserer konsequenten Arbeit sprechen da deutlich für uns.

Andererseits hat der Niedergang der Tonträgerindustrie auch zur Folge, dass die Gagen überall stark gestiegen sind. Die Live-Einnahmen werden zur primären Einnahmequelle der Künstler und deren Umfeld.

Der finanzielle Aspekt wird somit leider immer bedeutender.

Unsere Budgets haben Grenzen und so werden viele Acts nur im Traum auf unserer Bühne stehen.

Positiv zu sehen ist die Entwicklung in Hinsicht neuer, junger Künstler. Wir bedienen primär einen „Mainstream“-Markt, so die Terminologie der Musikindustrie. Dieser wurde jahrelang durch TV-Sendungungen wie „Geld oder Liebe“ oder „Bio´s Bahnhof/ Bei Bio“ bedient und hat über Nacht Talente durch glaubwürdige Präsentationen gebreakt.

Diese Sendungen gibt es leider nicht mehr. Nun haben Tonträgerfirmen, Manager und Agenten festgestellt, dass dieser Markt bei uns ist. Unsere Zuschauer kaufen auf Vertrauen unserer Marke Eintrittskarten, ohne zu wissen, wer kommt. Unser Publikum vertraut uns und unserer Auswahl, bekannte und vermeintlich unbekannte Künstler zu erleben. Wenn das Publikum dann feststellt, dass es ausnahmslos alle Songs kennt und der Aha-Effekt dann durch die Halle schallt…Glücksgefühl.

Das Problem der Musikindustrie heute besteht darin, Songs, Gesichter und Namen zu verbinden. Wenn wir Künstler wie Marlon Roudette, Maria Mena etc. auf die Plakate schreiben, sagen vorher bestimmt 75% der Kartenkäufer : Kenne ich nicht. Und dann sind sie baff und begeistert, dass sie sie kennen.

Du kannst dieses richtig bei den Shows spüren. Ich stehe/sitze übrigens immer bei jeder Show im Publikum, um die Reaktionen zu studieren. Jede Show ist ein Lerneffekt, bis zum letzten Tag einer Tournee.

Du kannst Dir gar nicht vorstellen, wie sich manchmal Ideen entwickeln und dann umgesetzt werden.

Ein gutes Beispiel : Wir haben mit Hilfe von Universal-Records es geschafft, Marlon Roudette unter Vertrag zu nehmen. Marlon hatte solo und mit Matafix 3 Nummer 1 in Deutschland, spielte Clubs und sollte nun den „ Mainstream-Markt“erreichen. Somit kamen wir ins Spiel und waren sehr happy. Toller junger Act, Hits…

Meine Frau Karen und ich zappen spätabends durch das TV-Programm und bleiben zufällig auf ARTE bei einem Marlon Roulette-Konzert, aufgenommen im kleinen Kreis im Bauhaus Dessau 2012, hängen. Großartiges Konzert, wir stellen begeistert fest, dass wir mit Marlon ein musikalisches Juwel unter Vertrag haben und wie virtuos er die Steeldrum beherrscht. Karen ist selber Musikerin und hat auch 2 Steeldrums.

Sie zeigte mir im Anschluss bei You Tube, dass es dort Kurse gibt, wie Kinder auf Bach dieses exotische Instrument lernen. Also wir den Manager angerufen, dass wir Marlon gerne mit der Fuge von Bach bei der Show einsteigen lassen würden. Der versteht natürlich alles falsch, „wir können das nicht und wir machen auch nur 3 Songs wie im Vertrag“…kurzum, wir haben ihn überreden können, dass wir eine Stunde mit Marlon direkt haben müssen. Daraus wurde unser teuerstes Mittagessen aller Zeiten, denn Lukas und ich sind deswegen nach London geflogen. Marlon hatte sich mit uns erfreulicherweise im Vorfeld Online beschäftigt und meinte, dass wir wohl wissen, was geht und funktioniert, somit vertraut er uns. Daraus wurde eins der Highlights der 2014er Show : Wir spielten Bach, der Lift mit den Steeldrums und Marlon fährt auf der Bühne hoch, Marlon spielt Bach mit Orchester und Steeldrum, Kamera auf Marlon gigantisch groß, Tausende von Zuschauern fasziniert, Stecknadel hättest Du fallen hören, keiner erkennt Marlon trotz megagroßen Gesicht auf dem Screen und dann löst sich das Werk in „ When the Best drops out“ auf (der Song war übrigens bei Vertragsunterschrift noch nicht geschriebenen und dann Marlon´s 4te Nr.1 ).

Diesen kollektiven Aha-Effekt jeden Abend werde ich nie vergessen und er war den anfänglichen Kampf und das teure Mittagessen wert.

Im Anschluss der Tournee haben wir Marlon gebeten, seine persönlichen Eindrücke bei der ersten Ansprache, dass wir ihn zu den Proms einladen und seine Eindrücke danach einmal formuliert.

Sein Statement hat uns dann überwältigt :


I was hugely sceptical at first and actually turned down Dirk's invitation straight away due to my preconceptions about the Proms. My concerns ranged from me losing credibility by being on a 'variety' type show, to not being able to connect with an older audience. I even asked my manager if they were trying to tell me that I was getting old! In the UK especially we can become obsessed with what's cool rather than what's good and I think that's a mistake.

After speaking to Dirk personally I decided to give it a chance and it turned out to be one of the best decisions I've made in my career. The ticket sales for my own tour increased as well as my album sales as a result. My profile in the territories we toured has also increased as the Proms attracts an influential crowd which can be hard to access usually. Far from damaging my credibility, the fact that I was able to get on stage and hold my own with an orchestra and insanely talented band only added to my reputation as a real musician.

You will not find a more professional unit from the production to the transportation to the security and I learnt a lot about running a tour (especially time keeping, Dirk!).

More important than any of the financial or professional benefits though, is what I gained personally. Performing at that level, night after night with talented yet humble people, gave me a renewed confidence and inner strength that I still carry with me and hopefully always will. The worst thing about the tour was saying goodbye.
Marlon Roudette 14th of May 2015

Gab es einen Künstler, mit dem ihr sehr zähe Verhandlungen hattet, die Dich vielleicht zur Weißglut gebracht haben?

Wie vorher erklärt, sind die Verhandlungswege komplex. Oft haben wir erlebt, dass das Umfeld eines Künstler viel komplizierter und nerviger agiert, als der dann selber. Da muss man schon oft Kontenance einsetzen.

Man hat ja auch eine Menge Erfahrung sammeln dürfen und selten wird die Suppe so heiß gegessen…..


Ist es trotz des Renomees, den die NotP genießt, jährlich ein steiniger Weg, die NotP ins Rennen zu schicken? Der Spaß kostet immerhin eine Stange Geld.

Natürlich ist der Weg immer steinig. Abgesehen von der kreativen Seite, eine Show inhaltlich zu gestalten, gibt es eine unglaubliche Menge an Basisarbeit, die nichts mit der Musik zu tun hat. Das war einer der ersten bitteren Erkenntnisse von Lukas als Musikliebhaber, als er damals in die faszinierende Musikbranche einstieg. Es kann sich kaum einer vorstellen, mit wie viel Bürokratie wir uns, vor allem in Deutschland, herumschlagen müssen. Ob sinnvoll oder nicht, die Arbeit muss gemacht werden.


Du bist damals eher durch Zufall zur NotP gekommen und wolltest sie dann als Mitarbeiter bei Mama-Concerts gerne in München durchführen. Zuerst war firmenintern eine Abneigung doch dann konnte Mama-Concerts das Konzert veranstalten und selbst Marcel Avram war angetan. Kannst Du Dich an diese Zeit noch erinnern?

Natürlich vergesse ich diese Zeiten nie. Die Frage ist aber nicht ganz richtig, denn ich wollte die Proms schon in ganz Deutschland machen, nicht nur in München. Es war eine heftige Zeit, in der mit allen Tricks und Mitteln agiert wurde, damit ich auf die Nase fliege. Ich muss irgendwie allen „nicht-Proms-Gläubigern oder Gegnern“ von damals dankbar sein, dass sie mich dahin getrieben und stark gemacht haben.

Dann hast Du PSE-Germany gegründet und alles nahm seinen Lauf. Was würde Dirk Hohmeyer heute machen, wenn er damals nicht bei der NotP eingestiegen wäre?

Ich weiß mein „Schicksal“ sehr zu schätzen und bin sehr dankbar. Wie viele andere sicherlich auch, war ich immer schon ein Musikfan und wollte als Jugendlicher Musiker werden.
Allerdings musste ich schnell und schmerzhaft feststellen, dass ich keinerlei Talent als Musiker (ich war Drummer) hatte und unmittelbar eine Lösung gesucht, das ich in dieser faszinierenden Welt mitmischen konnte. Wir reden über den Anfang der 70er.

So war dann nicht mehr der Superdrummer Carl Palmer (von Emerson, Lake & Palmer) mein Vorbild, sondern deren Manager Stewart Young. Sehr schnell habe ich dann Konzerte in meiner Schule veranstaltet, dann schon während der Schulzeit die Nr.1 Gruppe aus Deutschland Birth Control gemanagt.

Irgendwie ist alles seinen richtigen Weg gegangen. Ich stelle mir oft die Frage, was ich heute ohne Proms wäre. Wahrscheinlich ein frustrierte Frührentner.

War es also genau der richtige Zeitpunkt für die NotP in Deutschland?

Ja, es hat aber bis 2000 gedauert, das wir in schwarze Zahlen erwirtschaftet haben. Die verflixten 7 Jahre.

Wäre es im Jahre 2016 schwieriger, eine Veranstaltung wie die Night of the Proms auf dem Markt zu zu etablieren?

Ich glaube ja. Wir haben alles aus eigenen finanziellen Mitteln und mit einer Vision gestemmt. Heute ist alles viel teurer und komplexer geworden. Sieben Jahre kann man heute nicht mehr stemmen. Alles ist viel kurzlebiger geworden und die Branche hat sich auch mit den Castingshows entmystifiziert.

Sponsoring der NotP

Die NotP war lange Jahre mit dem Namen Nokia verbandelt, viele sprachen von der Nokia Night of the Proms. Der Name AIDA im Namen der Proms hat sich meiner Meinung nie wirklich durchgesetzt, nicht nur wegen der Kürze der Partnerschaft. Wie wichtig war die Firma Nokia für die Night of the Proms?

Nokia haben wir 1995 überzeugen können und sie sind dann 1996 eingestiegen. Es war eine tolle Zeit und hat uns in den Anfängen auch geholfen, die großen Verluste (Einnahmen durch Ticketverkäufe gegen Kosten) etwas zu kompensieren. Das daraus das längste und glaubwürdigste (Connecting People) Sponsoring der Musikindustrie wurde, konnte keiner im Vorfeld wissen. In den langen Jahren einer vertrauensvollen Zusammenarbeit konnten wir allerdings auch den steilen Weg Nokia´s Vision nach oben zur absoluten Nr.1 in der Welt und dann den rasanten Weg nach unten erleben. Erschreckend, wie schnell sich solche Marken heute verpulverisieren können.

In Sachen AIDA möchte ich widersprechen : Wir waren überrascht, wie schnell der Wechsel positiv adaptiert wurde. Das daraus nicht Dauerhaftes wurde, ist eine andere Geschichte.

In 22 Jahren NotP gab es mit Sicherheit einige Kuriositäten, sei es musikalische oder von anderer Natur. Fallen Dir da spontan welche ein?

Eine Menge! Viele meiner Freunde sagen mir dauernd, ich soll ein Buch schreiben über das was ich erlebt habe. Vielleicht mache ich das irgendwann. Wir haben mit den „ Night of the Proms“ schon eine Menge erleben dürfen.

Vor kurzem habe ich Maria Mena bei einem ihrer Solo-Konzerte besucht. Wir haben Tränen gelacht über einige Geschichten.


Als musikalische Kuriosität bewerte ich das Duett von Hartmut Engler (Pur) mit John Miles bei „Abenteuerland“. Wer hatte diese Idee? (schmunzelt)

Als wird die Zusammenarbeit für 2007 mit PUR bereits fixiert hatten, sind sie (wie immer im 2 Jahre Rhythmus) auf Schalke mit Gästen aufgetreten. Sie haben John eingeladen und er war schwer beeindruckt. Sicherlich hat er mit Tina Turner und Joe Cocker in den größten Stadien der Welt gespielt, allerdings hat er bis dahin noch nie „Music“ vor solch einer großen Kulisse (über 70.000) gespielt. „Abenteuerland“ war dann der gemeinsame Song und es war für alle klar, dass wir dieses dann auch auf der Proms-Tournee so machen.

Bleiben wir bei John Miles, eine der wichtigen Säulen der NotP, „Mister Music“, der in Deutschland nur drei Mal in 22 Jahren gefehlt hat, als er mit Tina Turner auf Tournee war. Welche Bedeutung hat John für die NotP in Deinen Augen?

Wir haben immer Wert darauf gelegt, dass jeder in der großen Proms-Welt ersetzbar sein muss, damit der Event nicht von Einzelpersonen abhängig wird. Das betrifft uns, Jan, mich und natürlich auch John.

Es hat uns beruhigt, dass auch die „Off“-Jahre von John gut funktioniert haben. Anderseits fehlte immer „Music“ und John´s trockener Humor. Auch wer spielt dann mit mir Golf auf Tournee? (schmunzelt).

John ist einer der begnadetsten Künstler, mit dem ich jemals zusammenarbeiten durfte. Er kann einfach alles, ein unglaublicher Sänger, Pianist und Gitarrist. Er hat das absolute Gehör und ein immenses Wissen. Auch hat er ein fotografisches Gedächtnis.

Das ist sehr hilfreich, sich komplizierte Texte wie zum Beispiel Springsteen´s „Born to run“ auch in Deutsch oder Italienisch zu merken. John lehnt einen Prompter ab.

Hör doch nur einmal „Miserere“ von der CD 1995. Wer singt da besser, Bocelli oder John? Immer noch Gänsehaut beim Gedanken.

Seine Erfahrung hat den Proms-Weg in den ersten Jahren definitiv mit geprägt. Es ist immer großartig ihn dabei zu haben, in allen Belangen!


Ein weiterer Bestandteil der NotP ist der Maestro Robert Groslot, der nach 22 Jahren in Deutschland und ? Jahren in Belgien aufhört.

Wie schon zuvor : Jeder muss ersetzbar sein, wie für uns, gilt das auch für Robert. Es war ein längerer Prozess. Robert hat seit 1985 eine unglaubliche Entwicklung als Multi-Talent gemacht.

Er ist nach nicht nur ein hochdekorierter Pianist, Orchesterchef,Komponist,Produzent und Dirigent, er ist ebenfalls ein erfolgreicher Maler und Filmemacher.

Eine Proms-Tournee nimmt einen langen Zeitraum in Anspruch und ist anstrengend, das merke ich selber auch. Der inhaltlich programmatische Wechsel in Holland und Belgien auf jüngere Künstler und mehr Dance-Musik hat dann einen Prozess in Bewegung gesetzt, da sich Robert mit der Entwicklung nicht mehr identifizieren konnte. Somit hat er den Taktstock im letzten Jahr bereits an Alexandra für Belgien und die Niederlande übergeben und es war allen klar, dass dieses der Anfang eines kompletten Wechsels sein wird. Scheibchenweise über zwei Jahre war für uns alle einfacher und mit Roberts Unterstützung natürlich auch leichter für Alexandra und Il Novecento.


Kannst Du in etwa abschätzen, wie das Publikum reagieren wird?

Ich bin mir sehr sicher, dass Alexandra unser Publikum begeistern wird. Auch für uns ein weiter wichtiger Schritt in die Zukunft.

Top Act Simple Minds

Wir wechseln zum sogenannten Headliner den „Simple Minds“. Die Jungs kommen bereits zum dritten Mal als sogenannter Top-Act zur NotP, einmal als Ersatz für „Roxette“. Was ist genau zu beachten, einen Künstler zum wiederholten Male zu buchen auch wenn einige Jahre Pause dazwischen sind?

Mit Acts wie Simple Minds oder auch Zucchero kann man nichts falsch machen, die liefern Unterhaltung zum Besten und begeistern unser Publikum. Es ist schon ungewöhnlich, dass die Proms in der kurzlebigen Musikwelt solch eine lange und erfolgreiche Existenz hat.

Simple Minds und Zucchero gehören nicht zum „alten Eisen“, ihre Songs und ihre Performances sind zeitlos.Mit Simple Minds habe ich ein besonderes Verhältnis, wir kennen uns seit 1979 und wir sind bei Arista und Virgin einen langen Weg gemeinsam gegangen. Daraus wurde Freundschaft und der Kontakt ist nie abgerissen. Die Entscheidung, es 14 Jahre nach 2002 in diesem Jahr nochmals gemeinsam anzugehen, ist bereits letztes Jahr im März gefällt worden. Ich habe ihr Konzert in München gesehen und die frische und dynamische Umsetzung hat mich wahrlich vom Hocker gehauen. Jim und Charlie hatten keine große Auftritte für 2016 geplant, ein neues akustisches Album produziert, somit hat alles gepasst. Und 2018 feiern Simple Minds. schon ihr 40jähriges…Man bin ich alt


Aus Überlieferungen weiß ich, dass Du von den Simple Minds angetan bist, Deine Ausführungen eben untermauern dies.Outet sich ein Veranstalter Dirk Hohmeyer bei „seinen“ Künstlern auch mal als Fan, den er immer schon mal gerne treffen wollte.

Ich bin Musikfan mit breitem Spektrum, einige der Künstler, die ich als Schallplattenmanager betreuen und aufbauen durfte, gehören zu meinem Leben und werden gepflegt. Ich bin auch Überzeugungstäter.

Gab es auch schon Künstler, die Du gerne gebucht hättest da Du Fan von ihrer Musik bist, die aber leider nicht zur NotP passen?

Musikalische Grenzen gibt es bei uns nicht, wir hatten schon Rap, Jazz, Funk. Was nicht passt, machen wir passend. Was nicht passt, sind eher die sozialen, zwischenmenschlichen Aspekte.

Ich kenne da einige Kandidaten, die wir allein aus diesem Grund uns nicht antun müssen. Die Proms sind eine „Arschloch-freie Zone“.


Und auf welche Künstler, die Du gebucht hast bist Du stolz, da sie eingeschlagen sind und von der NotP vielleicht für ihre Karriere profitieren konnten?

Sicherlich haben wir vielen helfen können, sich zu orientieren oder neu zu orientieren.

Wenn es darum geht, sie wieder ins richtige Lampenlicht zu setzen, sprechen oder sprachen in der Vergangenheit sogar große Acts wie Chris deBurgh, Meat Loaf, Toto oder Joe Cocker sehr gut für und über uns. Auch das Comeback von Roxette ging über die Proms.

Klassische Solisten wie Andrea Bocelli oder David Garrett sind bei uns erstmals vor großem Publikum aufgetreten. Marlon Roudette, The Baseballs, Laith Al-Deen….. Ich bin auf alles und alle stolz, jede Proms ist eine einmalige Geschichte. Wenn Du in Deinem Kopf eine Show mit verschiedenen Künstlern bastelst, die sich zum Teil vorher noch nie gesehen und zum Teil noch niemals vorher gehört haben, dann hoffst Du, dass diese ein großes Publikum gustiert und wenn es dann auch noch funktioniert…Im November und Dezember jeden Jahres haben wir den schönsten Job der Welt, wenn man circa 160.000 Zuschauer happy nach hause gehen sieht.

23 Jahre Night of the Proms bedeutet vielleicht auch höher, schneller und weiter. Gibt es noch Ziele, die Night of the Proms weiter zu entwickeln? Oder ist das Konzept ausgereizt?

Wir sprechen ein Musikliebhaber-Publikum an, nicht unbedingt die Fans einiger Interpreten. In 23 Jahren ist es uns immer wieder gelungen, auch ein jüngeres Publikum für uns zu gewinnen, so dass wir auch hier uns immer wieder regenerieren und erneuern.

Wir haben in den letzten Jahren schon vieles schleichend verändert und modernisiert. Wir arbeiten weiterhin mit aller Liebe für kleinste Details an der Show, da hat sich nichts geändert.

Der konstante Zuspruch der Zuschauer gibt uns zum Glück recht. Was ist das für ein Vertrauensvorschuss: Über 70.000 Karten werden verkauft, bevor wir irgendeinen Künstler bekanntgeben. Und das ist so seit vielen Jahren.

Man muss auch konsequent sein: Nach acht Jahren Achterbahnfahrt in Berlin haben wir einen Schlussstrich ziehen müssen. Die Hauptstadt hat alles und braucht uns nicht. Wir haben alles, gemeinsam mit Halle, örtlichen Medien und Partner, mit Marktforschung , versucht aber es ist uns nicht gelungen, die „Night of the Proms“ dort erfolgreich zu etablieren. Berlin ist ein Fan-basierter Markt, Mischveranstaltungen scheinen dort nicht zu funktionieren.


Premiere in Mannheim

Ihr startet zum ersten Mal in Mannheim und damit nicht in einer Metropole wie Hamburg und Köln wo die NotP oft startete.

Natürlich führen wir auch Statistik. Klar, das an Wochenenden die besten Konzerttage sind und Sonntagsshows um 18:00 eine attraktive Zeit ist. Leider gibt es in unserem Zeitrum nur 3 bis 4 Wochenenden und die sind dann für Köln, München und Hamburg mit Doppelshows , in München sogar drei Mal, gesetzt.

Oberhausen und Bremen sonntags um 18:00 sind immer ausverkauft. Frankfurt ist eine Pendlerstadt, somit zwei ausverkaufte Shows innerhalb der Woche immer ein Garant. Dortmund hat sich über die Jahre gewandelt und sicherlich hat die „alte Dame“ Westfalenhalle eine Menge Leute an andere, modernere Arenen im Einzugsbereich verloren. Wer einmal Businessklasse genossen hat, hat mit Economy-Holzklasse ein leichtes Problem. Dennoch in Verbindung mit dem Weihnachtsmarkt ist ein Samstag für das ganze Einzugsgebiet interessant.

Ein Samstag verkauft in Dortmund mit der großen Kapazität von gut 10.000 aus, ein Wochentag nicht. In Mannheim scheint ein Freitag attraktiver zum Ausgehen zu sein. Kurzum, unsere Tournee und das Routing zu buchen ist eine Kunst. Die beherrscht Lukas sehr gut und damit dieses auch funktioniert, buchen wir Jahre im Voraus.

Nach den Proms ist vor den Proms

Jetzt steht erst mal die 23. Auflage der NotP in Deutschland an. Ich kann mir vorstellen, dass nach der NotP vor der NotP ist. Was macht Dirk Hohmeyer nach dem letzten Night of the Proms-Konzert der Tour außer Weihnachten und Silvester feiern?

Ich „lebe“ die „Night of the Proms“ weiterhin 365 Tage im Jahr und freue mich, dass es immer noch so viel Spass macht. Wir planen schon kräftig 2017. 2018 sind die Termine auch schon gebucht. Somit vor und nach der Show ist so ziemlich gleich.

Allerdings erschreckt es mich immer mehr, wie schnell sich das Rad dreht, die Zeit vergeht. Ich genieße, dass Lukas immer mehr das Lenkrad übernimmt und ich es mir auf dem Beifahrersitz gemütlich machen kann. Karen und ich pendeln zwischen München und Mallorca, die räumliche Distanz macht eine Menge aus. Wir beide können auch bestens von dort arbeiten. Und Lukas freut sich bestimmt, wenn ich ihm nicht täglich im Büro auf die Nerven gehe (lacht).

Letzte Frage Dirk: Kneifst Du Dich manchmal oder lässt Dich von Deiner Familie kneifen wenn Du an die 22 Jahre NotP zurückdenkst? Lebst Du Deinen Traum?

Ja! Einigen meiner Weggenossen geht es nicht gut, manchen geschäftlich, manchen gesundheitlich oder auch beides. Einige sind leider schon gestorben. Ich bin jetzt 61, die Einschläge kommen näher und man beschäftigt sich auch mehr mit seiner Vergangenheit. Das macht dann demütig und man reflektiert sein Leben. Ich weiß, dass ich einen Traum verwirklichen konnte und diesen immer noch leben darf.

Vielen Dank Dirk!



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